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Sozialer Wohnbau: Ist Ihre Miete auch so günstig?

Sehr geehrte Damen und Herren,

oder ärgern Sie sich gerade über diese Frage, weil Sie glauben, dass Ihre Miete zu hoch ist?

Wohnen ist in Österreich tatsächlich vergleichsweise billig. Nach monatelangen politischen Debatten über Mietpreisdeckel und andere Maßnahmen mag das schwer zu glauben sein, aber statistisch entspricht es der Wahrheit. Die durchschnittliche Wohnkostenbelastung heimischer Haushalte lag 2022 bei 19 Prozent des verfügbaren Einkommens, im EU-Ranking bringt das einen Platz im Mittelfeld.

Aber natürlich wohnt niemand „im Durchschnitt“. Viele Mieterhaushalte in Österreich müssen sehr tief in die Tasche greifen. Doch die meisten von ihnen profitieren von einer Form der Mietregulierung, zahlen also weniger für ihre Wohnung, als auf dem freien Markt verlangt würde. Wir haben uns für die Studie „Sozialer Wohnbau: Das Vermögen der (gar nicht so) kleinen Leute“ angesehen, wer wie stark davon profitiert. Jan Kluge, Dénes Kucsera und Hanno Lorenz, Ökonomen bei der Agenda Austria, haben eine gründliche Bestandsaufnahme gemacht: Um wie viel günstiger ist das Wohnen im Gemeindebau, in den Genossenschaften und unter dem Dach des Richtwertgesetzes im Vergleich zum freien Markt? Was heißt das für die finanziellen Spielräume der jeweiligen Bewohner? Senkt das geförderte Wohnen die Einkommensungleichheit? Oder hilft es oft den Falschen?


Fazit: Oft genug sind es in der Tat die Falschen.

Laut Berechnungen unserer Ökonomen beträgt die Preisreduktion bei Gemeindewohnungen und in den Genossenschaften rund 30 Prozent. Bei den regulierten Mieten ist die Ersparnis – nicht zuletzt aufgrund von Lagezuschlägen – niedriger; dort zahlt man um rund 13 Prozent weniger. Das ist auch für jene Menschen eine interessante Information, die im Eigentum leben oder auf dem freien Markt eine Wohnung ergattern mussten. Denn gefördertes Wohnen ist in den begünstigten Segmenten nur deshalb billiger, weil die wahren Kosten verschoben werden; und zwar tendenziell in ihre Richtung. Dafür könnten sie sich dann wenigstens erwarten, dass die sozialpolitischen Ziele erreicht werden – dass also in den geförderten Wohnungen auch wirklich jene Menschen wohnen, die es am dringendsten brauchen.

Dummerweise klappt das nicht so gut: Auch die Besserverdiener erhalten kräftige Förderungen. Dieser Effekt ist auch in den Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen deutlich sichtbar – also dort, wo Einkommensgrenzen und Bedarfsprüfungen eigentlich auf Haushalte mit wenig Geld abzielen sollten. Bei den regulierten Mieten sieht man den Effekt in einem gewissen Ausmaß ebenfalls; dort ist er aber nicht so überraschend, weil diese Wohnungen ja nicht nach sozialen Kriterien vergeben werden.

Auf der anderen Seite sind viele ärmere Haushalte nicht ausreichend vor den Härten am freien Markt geschützt. Betroffen sind zum Beispiel Zugereiste, die noch auf der Warteliste für eine geförderte Wohnung stehen oder noch nicht lange genug in einer Gemeinde wohnen, um überhaupt einen Antrag stellen zu dürfen. „Das geförderte Wohnungswesen gleicht einer Lotterie. Und weil das so ist, bleibt seine Verteilungswirkung begrenzt“, schreiben die Autoren.

Wie könnten wir es besser machen?

Im sozialen Wohnbau muss die soziale Treffsicherheit erhöht werden. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wäre etwa, nicht wie derzeit das Objekt (also die Wohnung), sondern das Subjekt (also den Mieter) zu fördern. Das ist deutlich treffsicherer und damit auch effizienter. Für die Mieter im geförderten Segment muss es außerdem nachvollziehbare Einkommensgrenzen geben, die regelmäßig zu überprüfen sind.

Wichtigste Maßnahme der Wohnpolitik ist aber, den Neubau zu erleichtern – etwa durch eine Beschleunigung der bürokratischen Prozesse. Die Baubewilligungen in Österreich sind aufgrund der gestiegenen Baukosten, der hohen Zinsen und der strengeren Kreditvergaberegeln in den letzten Jahren besorgniserregend zurückgegangen. Da wird ein ziemliches Loch entstehen. Hier muss man schnell gegensteuern. Das geht zum Beispiel durch verbesserte Abschreibungsregeln, durch die sich Investitionen schneller rechnen.

Nicht zuletzt gilt es, das Mietrecht zu reformieren. Über die Jahrzehnte hinweg wurde in Österreich eine Regulierung nach der anderen beschlossen. Mittlerweile fällt es selbst Experten schwer, den Überblick zu behalten. Und sozial treffsicher ist das alles längst nicht mehr. Auch die Richtwert- und Kategoriemieten sind nicht mehr zeitgemäß und sollten durch ein Vergleichsmietensystem ersetzt werden.

Mit den besten Grüßen

Ihre Agenda Austria

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